Grundlagen

Blockchain: 1. Technik und Praxis

Überblick zur Blockchain

Bildquelle: Unsplash

Wie funktioniert die Blockchain-Technologie? Welche Rechtsfragen stellen sich rund um die Kryptowährung Bitcoin? Über diese und viele weitere Aspekte dieser zukunftsträchtigen Technologien und ihre rechtliche Bewertung soll das folgende Dossier Aufschluss geben.

1. Einführung

Bitcoin ist in aller Munde. Kaum ein Thema bewegt die Finanzwelt seit einigen Jahren mehr als die Kryptowährung BTC. Die Meinungen dazu gehen allerdings weit auseinander. Die einen sehen darin viele Risiken und Gefahren. „Es ist nur ein tolles Beispiel für eine Blase“ meint Robert Shiller, Nobelpreis-Ökonom von der Yale University; „Ein Index für Geldwäscher“ sagt Blackrock-Chef Laurence Fink; Und Christine Lagarde hält Bitcoin für „schwankend, zu riskant, zu umständlich“.

Doch es gibt auch befürwortende Stimmen, vor allem aus der Computer-Branche. Eric Schmidt, ehemaliger CEO von Google, hält Bitcoin für „eine bemerkenswerte kryptographische Errungenschaft. Die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, das in der digitalen Welt nicht duplizierbar ist, hat einen enormen Wert.” Und der Finanzmathematiker Nassim Taleb schwärmt: „Bitcoin ist der Beginn von etwas Großartigem: eine Währung ohne Regierung, etwas Notwendiges und Imperatives.“ Was steckt hinter diesen Aussagen? Und wieso gehen die Meinungen so auseinander? Um dies einschätzen zu können, soll sich dieses Dossiers mit der Funktionsweise von Kryptowährungen und der dahinterstehenden Blockchain-Technologie auseinandergesetzt werden. Daraufhin folgt ein Versuch, diese technischen Phänomene rechtlich einzuordnen und zu bewerten.

2. Grundlagen der Blockchain-Technologie

Bitcoin und andere Kryptowährungen basieren auf der sogenannten Blockchain-Technologie. Gemäß ihrem Namen handelt es sich dabei um eine Art elektronische Datenbank, in der Einträge in Blöcken gruppiert werden. Diese Datenbank kann digitale Datensätze, Ereignisse oder Transaktionen beinhalten und wird dezentral durch die Teilnehmer eines verteilten (distributed) Rechnernetzes verwaltet. Die Blöcke sind in chronologischer Reihenfolge über eine kryptographische Signatur miteinander verknüpft, wobei jeder Block Aufzeichnungen valider Netzwerkaktivität seit dem Hinzufügen des letzten Blocks enthält. Dadurch ergibt sich eine fälschungssichere Möglichkeit der dauerhaften Speicherung von Informationen, die im Fall von Bitcoin zur Registrierung von Transaktionen genutzt wird. Die Details des Blockchain-Systems sollen im Folgenden anhand der Beispiels Bitcoin näher beleuchtet werden.

Wie alles begann

Gesamtzahl von Transaktionen auf der Bitcoin-Blockchain

Abbildung 1: Gesamtzahl von Transaktionen auf der Bitcoin-Blockchain (Quelle: Blockchain.com)

Das Konzept der Blockchain wurde im Jahr 2008 im White Paper zu Bitcoin von Satoshi Nakamoto vorgestellt. Unbekannt ist nach wie vor, ob es sich bei Satoshi Nakamoto um den Namen einer real existierenden Person, ein Pseudonym oder ein Sammelpseudonym für eine Gruppe von Personen handelt. In dem White Paper beschreibt Nakamoto eine Methode, um ein rein dezentrales Transaktionssystem für ein digitales Bargeld zu erzeugen. Der erste Block des Bitcoin-Netzwerkes entstand sodann im Januar 2009 mit der Schöpfung des ersten, sogenannten Genesis-Blocks. Seitdem wurden über 740 Millionen Transaktionen in ca. 740.000 Blöcken festgehalten.

Die Bitcoin-Transaktion

Die Übertragung eines Bitcoins über die Blockchain unterscheidet sich maßgeblich von einer Bank-Überweisung oder von einer PayPal-Zahlung. Als erstes treten die Parteien nicht als namentlich benannte Personen auf, sondern unter einem Pseudonym. Genauer gesagt handelt es sich dabei um den sogenannten öffentlichen Schlüssel (Public Key), eine Art „Geldbörse“ (Wallet). Dieser öffentliche Schlüssel besteht (im Hexadezimalsystem) aus einer Reihenfolge aus 64 Buchstaben und Zahlen und wird für jede „Geldbörse“ neu und zufällig generiert.

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Abbildung 2: Beispiel eines öffentlichen Schlüssels im Hexadezimalformat

Jeder Nutzer kann beliebig viele „Geldbörsen“ generieren und damit auftreten, wobei jeder Schlüssel aufgrund der enormen Kombinationsmöglichkeiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einzigartig sein wird. Dieser öffentliche Schlüssel ist gewissermaßen die Empfängeradresse für eine Transaktion und kann öffentlich eingesehen werden. Möchte nun eine Person einen Bitcoin an eine andere Person senden, so muss der Sender eine Nachricht im Bitcoin-Netzwerk platzieren, die drei Informationen enthält:

  • Input: der „Guthabenstand“ des Senders
  • Menge: der zu versendende Betrag an Bitcoin
  • Output: der öffentliche Schlüssel des Empfängers

Technische Herausforderungen

Herkömmliche Zahlungsdienste basieren auf dem Vertrauen gegenüber dem jeweiligen Dienstleister, sei es eine Bank oder PayPal. Dieser Dienstleister kennt seine Kunden und kann deren Bonität anhand der von ihm gespeicherten Transaktionsdaten nachvollziehen. Eine Bitcoin-Transaktion erfolgt demgegenüber ohne jeglichen Intermediär, sondern direkt von Nutzer zu Nutzer (Peer to Peer). Die Besonderheit eines solchen verteilten Netzwerkes ist gleichzeitig dessen Herausforderung und besteht darin, Transaktionen ohne Vertrauen in eine zentrale Autorität zu verifizieren.

Arten von Netzwerken

Abbildung 3: Arten von Netzwerken (v.l.n.r.): zentralisiert, dezentralisiert, verteilt (Quelle: ethereum-base.com)

Problematisch sind dabei vor allem die Verifikation des wahren Inhabers einer „Geldbörse“ sowie die Gefahr der Doppelnutzung eines Bitcoins (Double Spending) durch die nachträgliche Änderung einer Transaktion. Dieser Herausforderung begegnet die Blockchain mit Kryptografie, Chronologie und der Begrenztheit von Rechenleistung.

Digitale Signaturen

Die „Geldbörse“ eines Nutzers gleicht einem gläsernen Schließfach. Der Inhalt ist öffentlich einsehbar, aber nur sein wahrer Inhaber kann es aufschließen und Dinge hineinlegen oder herausnehmen. Die Identifikation des Inhabers erfolgt mithilfe des sogenannten privaten Schlüssels. Dieser ist wie der öffentliche Schlüssel eine Folge aus Buchstaben und Zahlen, doch anders als die öffentliche Adresse wird der private Schlüssel geheim gehalten. Beide Schlüssel bilden ein durch einen Algorithmus generiertes mathematisch miteinander verbundenes Schlüsselpaar. Dabei kann aus dem öffentlichen Schlüssel nicht mit vertretbarem Aufwand der private Schlüssel errechnet werden. Grundlage dieses sogenannten asymmetrischen Kryptosystems sind „Falltürfunktionen“, also mathematische Funktionen, die leicht zu berechnen, aber ohne ein Geheimnis (die „Falltür“) praktisch unmöglich zu invertieren sind.

Legt man die kryptographische Verbundenheit der Schlüssel zugrunde, so kann nur der wahre Inhaber eines öffentlichen Schlüssels über sein „Guthaben“ verfügen. Um eine Transaktion vorzunehmen, „unterschreibt“ der Sender seine Transaktionsnachricht mit dem nur ihm bekannten privaten Schlüssel und platziert die so entstandene signierte Nachricht im Netzwerk (Transaktionsdefinition). Die Teilnehmer des Netzwerkes können die signierte Nachricht nun mit dem öffentlichen Schlüssel des Absenders prüfen und somit die Authentizität der Nachricht verifizieren, falls die beiden Schlüssel korrespondieren (Transaktionsverifikation). Schließlich werden alle verifizierten Transaktionen in einem Block zusammengefasst und hinter den letzten Block der Kette platziert. Damit ist die Transaktion abgeschlossen.

Transaktionsprozess im Bitcoin-System

Abbildung 4: Der Transaktionsprozess im Bitcoin-System

Zeitstempel und Hash-Funktionen

Um zu vermeiden, dass ein Nutzer einen bereits ausgegebenen Bitcoin nochmals ausgibt, wird jeder Block in seiner Kopfzeile (Header) mit einem Zeitstempel (Time Stamp) versehen. Aus dem Inhalt des Blocks und dem dazugehörigen Zeitstempel wird sodann aufgrund einer mathematischen Funktion eine einzigartige Prüfsumme (Hash) erstellt. Diese Zahl fließt sodann in den nachfolgenden Block mit ein und wird wiederum mittels Hash-Funktion einzigartig gemacht. Diese Verschlüsselung ist asymmetrisch und macht eine nachträgliche Änderung sowohl des Inhalts des Blocks als auch seines Zeitstempels mit vertretbarem Aufwand unmöglich. So entsteht eine Kette von untrennbar miteinander verbundenen Blöcken.

Das Time-Stamp-Verfahren nach Nakamoto

Abbildung 5: Das Time-Stamp-Verfahren nach Nakamoto

Begrenzte Rechenleistung und Konsensfindung

Trotz eindeutiger Identifikation eines Senders und der Aneinanderkettung von Transaktionen bleibt es denkbar, dass ein Angreifer manipulierte Transaktionsdaten selbst mit Zeitstempeln versieht und als Block in die Kette reiht. Diesem Problem wird damit begegnet, dass die Platzierung eines neuen Blocks in der Blockchain eine gewisse Rechenleistung abverlangt (Proof of Work), da hierfür eine mathematische Aufgabe gelöst werden muss. Sogenannte Schürfer (Miner) investieren Rechenkapazitäten, um diese Lösung zu finden, und werden dafür in Bitcoin entlohnt. Durch diesen Mechanismus werden zudem neue Bitcoins erzeugt und somit die Geldmenge erhöht. Damit jedoch die Anzahl an Bitcoin begrenzt bleibt (auf ca. 21 Millionen), werden die Rechenaufgaben mit fortschreitender Länge der Blockchain immer schwieriger. Wer die Aufgabe als erstes löst, sendet seinen Block an das Netzwerk und wird entlohnt, alle anderen gehen leer aus. Die übrigen Nutzer verifizieren das Ergebnis und nehmen den Block, falls die Lösung valide ist, in ihre Kette auf.

Würde nun ein Angreifer eine alternative Kette generieren wollen, so müsste er für jeden Block die gleiche Rechenkapazität aufwenden wie der Rest aller Schürfer im Netzwerk – und dies auch in allen nachfolgenden Blöcken. In diesem Wettkampf um die meiste Rechenleistung sind einzelne Angreifer den übrigen Teilnehmern normalerweise hilflos ausgesetzt. Die sich am schnellsten entwickelnde Kette ist folglich diejenige, für die am meisten Rechenleistung aufgewendet wurde und sich damit schließlich durchsetzen würde. Dieses Ergebnis entspricht dem Willen der Mehrheit der Nutzer.

Blockvisualisierung

Abbildung 6: Die bestimmende Blockchain (schwarz) besteht aus der längsten Folge von Blöcken ausgehend vom Ursprung zum aktuellen Block. Alternative Ketten verwaisen (lila), sobald sie kürzer als eine andere Kette sind.

Das Proof-of-Work-Konzept wird allgemein als relativ sicher und zuverlässig angesehen. Es hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Da nur derjenige, der die zugrundeliegende Aufgabe bzw. das Rätsel löst, entlohnt wird, konkurrieren alle Miner darum, das Rätsel möglich schnell zu lösen und setzen dementsprechend riesige Mengen an Rechenkapazität ein. Gleichzeitig werden die Rätsel immer schwieriger, sodass immer mehr Rechenleistung erforderlich ist. Dadurch verbraucht alleine die Bitcoin-Blockchain rund 125 Terrawattstunden Strom pro Jahr, etwa 0,6% des weltweiten Stromverbrauchs oder ein Viertel des jährlichen deutschen Stromverbrauchs. Neuere Blockchains setzen deswegen zunehmend nicht mehr auf Proof-of-Work, sondern auf das sog. Proof-of-Stake. Hierbei müssen die Miner Coins des Netzwerks einsetzten (staken). Die Erstellung des nächsten Blocks wird dann zufällig unter den Minern verteilt, wobei die Chance der Zuteilung mit der Zahl der eingesetzten Coin steigt. Das Ergebnis wird dann wiederum von der Mehrheit validiert, wobei hier auf die Mehrheit der gestakten Coins abgestellt wird. Die Validität der Blockchain wird hierbei also nicht durch die benötigten Rechenaufwand, sondern den finanziellen Aufwand zur Erlangung der Mehrheit der gestakten Coins sichergestellt. Die genaue Umsetzung des Proof-of-Stake Prinzips ist aber deutlich schwieriger, weswegen etwa die Umstellung des Ethereum-Netzwerks (zweitgrößte Blockchain nach Bitcoin) von Proof-of-Work auf Proof-of-Stake mehrfach verschoben wurde.

3. Bitcoin in der Praxis

All diese technischen Anforderungen an ein verteiltes Netzwerk erschweren die Nutzbarkeit von Bitcoin im alltäglichen Gebrauch. Um dem entgegenzuwirken und die Verbreitung von Kryptowährungen zu beschleunigen, haben sich einige Programme durchgesetzt, die mit benutzerfreundlicher Bedienoberfläche viele der Transaktionsprozesse im Hintergrund verarbeiten – angefangen mit digitalen „Geldbörsen“, in denen man die eigenen Schlüsselpaare verwalten und neue Paare generieren kann. Zudem existieren zahlreiche Marktplätze, auf denen man mit Bitcoins handeln kann. Andere Anbieter kombinieren beide Funktionen und kümmern sich für den Nutzer um die Verwaltung der eigenen „Münzen“ und bieten Handelsmöglichkeiten über ihre Plattform an.

Obwohl trotz solcher Bemühungen Bitcoin-Transaktionen nicht so unkompliziert abgewickelt werden können wie eine klassische Bank-Überweisung oder eine PayPal-Zahlung, verbreitet sich Bitcoin als größte Kryptowährung nach und nach als Zahlungsmittel. Zwischenzeitlich hatte etwa Tesla medienwirksam angekündigt, Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren zu wollen. Es besteht jedoch ein wesentliches und wohl auch unüberwindbares Hindernis für den Einsatz der Bitcoin-Blockchain als wirkliches Zahlungsmittel: Die Bitcoin-Blockchain kann aufgrund ihrer Architektur nur 3 bis 7 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten, viel zu wenig für die Abwicklung des alltäglichen Zahlungsverkehrs. Zudem sind Transaktionen auf der Blockchain grundsätzlich unumkehrbar, wodurch insbesondere im Hinblick auf Betrugsfälle und Fehlüberweisungen Probleme entstehen. Deswegen werden Bitcoins vor allem als Spekulationsobjekt gehalten. Der Kurs eines Bitcoins zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln folgt dabei dem Grundsatz der Preisbildung an der Börse und unterliegt starken Schwankungen. Die maximale Geldmenge ist durch das Netzwerkprotokoll auf knapp 21 Millionen Einheiten festgelegt und kann nachträglich nicht mehr erhöht werden.

4. Fazit

Knapp 16 Jahre nach der Veröffentlichung des Bitcoin-White-Papers sind sowohl die Blockchain-Technologie als auch ihre möglichen Anwendungsbereiche wie Kryptowährungen weit verbreitet und haben riesige Marktvolumen angenommen (etwa Bitcoin mit 1,1 Billionen Euro Marktvolumen im November 2021). Anfangs noch ein Nischenprodukt einiger Technik-Enthusiasten, haben nun längst auch staatliche Stellen die mögliche Schlagkraft von verteilten Netzwerken erkannt. Im Rahmen der 2019 verabschiedeten Blockchain-Strategie der Bundesregierung konstatiert Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Das Potenzial der Blockchain-Technologie ist hoch.“ Der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz nannte die Blockchain einen „Baustein für das Internet der Zukunft“. Wie hoch das Potential tatsächlich sein wird ist dennoch weiterhin umstritten. Während manche eine geniale technische Lösung für viele aktuelle Probleme in der Blockchain sehen, betrachten andere diese nur als unpassende und ineffiziente Lösung und fordern etwa in Bezug darauf Burn it with fire“ (Nicholas Weaver) . Welche der Seiten Recht behalten wird oder ob die Wahrheit in der Mitte liegt, ist aktuell noch schwer abzusehen. Die Rechtswissenschaft wird diesen technologischen Turmbau, der unzweifelhaft besteht, jedenfalls genau beobachten müssen, um auch in Zukunft die Ordnungs-, Gestaltungs- und Schutzfunktion des Rechts zu bewahren. Details zu den durch Blockchain und Kryptowährungen aufgeworfenen Rechtsfragen finden Sie im 2. Teil unseres Blockchain Dossiers.

Autor: Sebastian Höpfl, Überarbeitung: Julian Hofmann

Lehrstuhl für Recht und Sicherheit der Digitalisierung © 2025