NFTs – digitales Eigentum?

Im Jahr 2021 entstand ein regelrechter Hype rund um die sog. NFTs mit Versteigerungen in Millionenhöhe, dem Verkauf von NFTs zu Werken bekannter Künstler und Marken. Doch was sind diese NFTs eigentlich genau? Vermitteln sie wirklich Rechte oder an digitalen Werken und haben sie wirklich das ihnen zugesagte revolutionäre Potential?
A. Was sind NFTs?
Die Abkürzung NFT bedeutet „Non-fungible-Token“ und bezieht sich auf Tokens (Informationseinheiten) auf der Blockchain. Diese Tokens werden von Smart Contracts auf der Blockchain erstellt. Dabei unterscheidet man grundlegend zwischen fungible und non-fungible Tokens. Erstere sind austauschbar, d.h. voneinander nicht zu unterscheiden, wodurch sie sich u.A. als „Währungen“ eignen. Non-fungible Tokens hingegen haben eine eindeutige ID und lassen sich dadurch voneinander unterscheiden. Diese Einzigartigkeit der NFTs ermöglicht es grundsätzlich, für einzelne Dinge (digital oder analog) ein NFT zu erschaffen, d.h. das NFT repräsentiert dann diesen Gegenstand auf der Blockchain.(Fn. 1) Grundgedanke ist hierbei, durch diese Repräsentation ein Substitut zu schaffen, das dann mittels der Blockchain handelbar ist (vergleichbar mit Wertpapieren bei Börsen).
B. NFTs für digitale Güter
Besondere Aufmerksamkeit hat dabei die Möglichkeit erhalten, NFTs für digitale Güter (etwa digitale Kunstwerke) zu schaffen. Digital gespeicherte Informationen sind generell verlustfrei kopierbar und die Kopie ist vom „Original“ nicht zu unterscheiden. Dies hat viele Vorteil, führt jedoch auch dazu, dass es im digitalen Raum keine „Originale“ geben kann. Die Idee der Koppelung von NFTs an digitale Werke ist es, damit sozusagen ein digitales Original zu schaffen. Nur wer das NFT „besitzt“ (genauer: über den Private-Key des Wallets verfügt, dem das NFT aktuell auf der Blockchain zugeordnet ist), „besitzt“ demnach das „Originalwerk“, jeder andere, der das digitale Werk gespeichert hat, nur eine „Kopie“. Eine solche Unterscheidung bietet nicht nur finanzielle Anreize, da z.B. auf dem Kunstwerk auch bei analogen Kunstwerken das Original um ein Vielfaches wertvoller als die perfekteste Kopie ist, sondern könnte auch rechtliche Möglichkeiten bieten, wenn der Erwerb eines NFTs an entsprechende Nutzungs- und Verwertungsrechte gekoppelt wäre.(Fn. 2) Wichtig ist hierbei jedoch, dass sich eine zweifelsfreie Verbindung zwischen Werk und NFT herstellen lässt.
C. Problem der vertrauenswürdigen Verknüpfung
Genau diese Verknüpfung ist aktuell ein großes technisches Problem von NFTs. Grundproblem ist die begrenzte Speichermenge auf der Blockchain selbst. Deswegen ist es nicht möglich ein digitales Werk, z.B. ein digitales Bild, selbst auf der Blockchain zu speichern. Stattdessen enthält der NFT nur einen Verweis auf das Werk, entweder in Form einer URL (Internetlink) oder als Hash (kryptografische Folge von Zeichen). Im Falle der URL verweist diese auf einen externen Server, auf dem dann das verknüpfte Bild gespeichert ist. Im Falle des Hashs wird aus der Bilddatei durch einen kryptografischen Algorithmus ein sog. Hash erzeugt (eine lange Reihe an Zeichen). Dieser ist insofern eindeutig, da sich nur aus dem ursprünglichen Bild derselbe Hash erzeugen lässt, jedes andere oder veränderte Bild erzeugt einen anderen Hash.
Diese Verknüpfung kann jedoch auf verschiedene Weise fehlerhaft sein:
- Zum einen ist dem NFT nicht immanent, dass es von einem berechtigten Nutzenden erstellt wurde (bei einem Kunstwerk typischerweise der Urheber oder die Urheberin). Stattdessen kann bei einem digitalen Werk jeder, der eine Kopie davon hat, ein zugehöriges NFT erstellen. Es ist nicht nachweisbar, ob es von einer berechtigten Person erstellt wurde. (Fn. 3)
- Das zugehörige Werk kann „verloren“ gehen. Dies ist insbesondere ein Problem der Verknüpfung per URL. Diese verweist nur auf einen externen Server außerhalb der Blockchain. Wird dieser abgeschaltet oder das Werk gelöscht, verweist das NFT sozusagen ins „Nichts“, es existiert zwar noch, aber ohne verknüpftes Werk.
- Zu einem einzelnen Werk können mehrere NFTs erstellt werden. Zwar sind die einzelnen NFTs einzigartig, die Verknüpfung jedoch nicht. So können mehrere NFTs auf dieselbe URL verweisen, das Bild kann auf den externen Server mehrfach hochgeladen werden oder der Hash mehrfach generiert werden. Welches NFT repräsentiert nun das Original und welches die Kopien? (Fn. 4)
Lösen ließe sich dieses Problem eventuell teilweise dadurch, dass ein Verweis auf das NFT schon bei der Erstellung fest ins Werk integriert (Nummer des NFTs und Erstellungsdatum) wurde und dieser Verweis wiederum durch die Erstellung des Hashes Teil des NFTs geworden ist. Dies wäre jedoch grundsätzlich nur bei zukünftigen Werken möglich
D. Rechtliche Bewertung
Grundsätzlich vermittelt nach aktueller Rechtslage ein NFT kein „Eigentum“ an einem digitalen Gut im rechtlichen Sinne. (Fn. 5) Auch sonstige Rechte werden durch ein NFT nicht eigenständig übertragen oder vermittelt. Zweifelsfrei können etwa Verwendungs- und Verwertungsrechte auch an einem digitalen Werk übertragen werden, jedoch nur durch einen Vertrag. Dieser Vertrag kann mit der Übertragung eines NFTs zusammenfallen, etwa wenn sich die Parteien einig sind, dass die Rechte im Zeitpunkt der Tokentransaktion übergehen. Trotzdem ist dieser Vertrag und der Rechteübergang zunächst unabhängig von dem NFT und wird erst durch den Parteiwillen daran gekoppelt. Der neue Rechteinhaber könnte sodann ohne Weiteres das NFT getrennt von etwaigen Rechten weiterverkaufen. Der überwiegende Teil der aktuell existierenden NFTs wurde jedoch gänzlich ohne eine Übertragung solcher Rechte verkauft, es handelt sich aus rechtlicher Sicht nur um einige Zeilen Code auf einer Blockchain ohne rechtliche Funktion. (Fn. 6)
Grundsätzlich erscheint es aber durchaus als möglich, NFTs zukünftig in verschiedene Rechtssysteme einzubetten. So könnte z.B. der „Besitz“ eines NFTs für ein Musikstück mit den entsprechenden Verwertungsrechten gekoppelt sein. Beim Abspielen des Werkes würde dann automatisch über einen Smart Contract die entsprechende Lizenzgebühr an den aktuellen „Besitzer“ abgeführt werden. Ähnliche Regelungen sind auch z.B. als Nachweis für den Kauf eines Kunstwerkes oder ähnliches denkbar. Denkbar ist auch eine steigende Einbindung im Metaverse, so z.B. beim Kauf digitaler Güter, die dort genutzt und weitertransferiert werden können (vgl. dazu das Dossier zum Metaverse).
E. Ausblick
Der NFT-Markt hat Ende des Jahres 2022 einen erheblichen Einbruch erlitten (manche Handelsplattformen berichteten von einem Rückgang um 80%) und befindet sich weiterhin in einem abwärtsgerichteten Trend. Die proklamierten Versprechen von „digitalem Besitz“ sind angesichts der technischen und rechtlichen Realität in Zweifel gezogen. Trotzdem erscheint eine Einbettung in bestehende Rechtssysteme grundsätzlich möglich, etwa als Herkunftsnachweis digitaler und realer Werke auf dem Kunstmarkt, wenn das NFT schon bei Schaffung des Werkes in das Werk selbst eingebettet wird. Auch eine entsprechende Hinweisfunktion auf den Rechteinhaber eines Werkes könnte durch eine rechtliche Neuregelung etabliert werden.
Fußnoten
- Vgl. Hoeren, Thomas/ Prinz, Wolfgang: Das Kunstwerk in Zeiten der technischen Reproduzierbarkeit – NFTs in rechtlicher Sicht, CR 2021, 565 (566 f.).
- Rauer, Nils: Non-fungible Token (NFTs) – eine „Schlüssel“-Technologie. WRP 2022, I
- Vgl. Rauer, Nils/Bibi, Alexander: Non-fungible Tokens – Was können sie wirklich?, ZUM 2022, 20 (28).
- Vgl. Papastefanou, Stefan: NFT und die Illusion der technischen Einzigartigkeit, CR 2022, 342 (345 f.).
- Vgl. Rauer, Nils/Bibi, Alexander: Non-fungible Tokens – Was können sie wirklich?,nZUM 2022, 20 (24).
- Vgl. Heine, Robert/Stang, Felix: Weiterverkauf digitaler Werke mittels NFTs aus urheberrechtlicher Sicht, MMR 2021, 755 (757).