Rechtsfragen

Online-Plattformen als 'private Gesetzgeber'

Fragen zur Plattformregulierung im E-Commerce

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A. Einleitung

Die meisten Onlineshopping-Nutzer haben wohl schon ein Produkt bei einem Online Marktplatz wie Amazon Marketplace gekauft oder eine im Internet bestellte Ware per PayPal bezahlt. Dabei dürfte vielen Kunden nicht bewusst sein, welche Regelungen von Plattformen zur Abwicklung und auch Rückabwicklung aufgestellt werden. Diese sind meist in den AGB festgelegt, die die meisten Kunden wohl eher selten in ihrer Gänze lesen werden. Dennoch werden die meisten Kunden mit den Regeln dieser AGB dann in Kontakt kommen, wenn ein Produkt mangelhaft ist, gar nicht ankommt oder schlicht doch nicht gefällt. Dann erlauben die Regelungen der Plattformbetreiber oft eine sehr unkomplizierte Rückabwicklung des Kaufs. Nun ist bei einem Kauf im Internet auch vom BGB ein zweiwöchiges Rücktrittsrecht vorgesehen, jedoch muss dieses ausdrücklich erklärt werden und der Kunde bekommt den Kaufpreis erst zurück, wenn er die Ware (die dann auch nicht unter eine der Ausnahmen fallen darf) auf eigene Kosten zurückgeschickt hat(Fn. 1). Die Regelungen der Plattformen sind hier häufig deutlich kundenfreundlicher: macht der Kunde zum Beispiel geltend, dass ein falsches Produkt geliefert wurde, erstattet die Plattform den Kaufpreis auf Kosten des Händlers zurück, ohne, dass er notwendigerweise das falschgelieferte Produkt zurückbekommt(Fn. 2). Der Händler steht hier also schlechter als in der gesetzlich vorgesehenen Konstellation. Dies ist insbesondere problematisch, weil inzwischen die Online-Marktplätze einen erheblichen Teil des E-Commerce im Internet abwickeln.(Fn. 3) Hier stellt sich die Frage inwiefern sich diese privaten Regelungen, die von den gesetzlichen Normen abweichen, auf unser Rechtssystem auswirken und ob und wenn ja wie der Gesetzgeber auf diese Entwicklung reagieren sollte bzw. es schon getan hat.

B. Der Begriff Plattform und ihr Geschäftsmodell

Um sich dem hier zu untersuchenden Thema zu nähern muss zunächst geklärt werden, was Online-Marktplätze wie Amazon Marketplace oder ebay überhaupt sind, wie sie funktionieren und wie ihr Geschäftsmodell typischerweise aussieht. Bildlich kann man sich einen Online-Marktplatz wie ein Einkaufzentrum vorstellen. Es handelt sich also um einen Ort, an dem sich eine Vielzahl von Händlern angesiedelt haben. Sie hoffen durch diese Nähe zu anderen Geschäften für Kunden attraktiver zu sein und so einen höheren Umsatz zu erzielen. Diese Konstellation unterscheidet sich insofern von einer Innenstadt mit vielen Geschäften, als hier eine Institution (der Einkaufszentrumsbetreiber) nicht nur den Verkaufsraum, sondern auch die Infrastruktur, wie Parkplätze, sanitäre Einrichtungen etc. bereitstellt. Ähnlich funktionieren auch Online-Marktplätze: Sie stellen für die Händler die digitale (und teilweise auch logistische(Fn. 4)) Infrastruktur bereit, sodass sich die Händler ganz auf den Verkauf ihrer Ware konzentrieren können. Irrelevant ist dabei, ob es sich um analoge Waren wie z.B. Bekleidung oder rein digitale Güter wie z.B. Apps handelt. Zu dieser digitalen Infrastruktur kann auch gehören, dass die Plattform die Zahlungen der Kunden an die Händler abwickelt (Fn. 5). Neben der reinen Infrastruktur bieten die Online-Marktplätze für Kunden und Händler aber vor allem den Vorteil des sog. doppelten Netzwerkeffekts: Die Händler erhalten Zugang zu dem großen Kundenkreis des Online-Marktplatzes, die Kunden wiederum profitieren von der Vielzahl an Händlern und ihren Angeboten. Zwar existiert dieser Effekt auch in unserem analogen Beispiel des Einkaufszentrums, ist aber bei Online-Marktplätzen um ein Vielfaches höher. Die Plattformen agieren dabei als Intermediäre zwischen Verkäufern und Kunden, vermitteln also diese also aneinander und wickeln oft auch die Transaktionen zwischen ihnen ab. Gleichzeitig stellen sie aber auch Gatekeeper dar, da sie kontrollieren können, ob und vor allem wie ein Händler Zugang zu dem großen Kundenpool der Plattform erhält.  Die Plattform selbst bekommt regelmäßig gewisse Gebühren von den Händlern bezahlt und finanziert sich so(Fn. 6). Das ist wiederrum sehr ähnlich zum Bild des Einkaufszentrums, wo die einzelnen Händler/Läden selbstverständlich auch eine Gebühr in Form der Miete an den Betreiber zahlen. Eine Sonderkonstellation stellen dabei Plattformen wie Amazon Marketplace dar, die nicht nur Dritten eine Verkaufsfläche bieten, sondern auch selbst als Verkäufer auf der eigenen Plattform auftreten, diese sind vor allem aus kartellrechtlicher Sicht problematisch, worauf in diesem Beitrag jedoch nicht der hauptsächliche Fokus liegen soll.

C. Die (rechtliche) Ausgangslage

Bei einem klassischen Kauf im Einzelhandel wird die rechtliche Gestaltung maßgeblich bilateral durch die Beteiligten in ihrer Einigung bestimmt und zusätzlich macht das Gesetz gewisse Vorgaben. Im Regelfall werden wohl die genauen Bestimmungen, auf die sich die Parteien geeinigt haben, einseitig durch den Händler in Form von AGB vorgeschlagen.  Es stellt sich also eine rechtliche Beziehung aus zwei Teilen dar, die sich über die Gestaltung ihres Rechtsverhältnisses geeinigt haben. Daran ändert sich prinzipiell auch erst einmal nichts, wenn man von einer analogen „Plattform“ im Sinne eines Einkaufszentrums ausgehen. Zwar gibt es hier übergeordnet den Einkaufzentrumsbetreiber, der die Infrastruktur bereitstellt, aber er dürfte sich prinzipiell nicht in die Vertragsverhältnisse der bei ihm mietenden Händler und ihrer Kunden einmischen.  Dies betrifft auch den Umgang mit Störungen im Vertragsverhältnis, wie zum Beispiel eine mangelhafte Kaufsache. Sollte es zu einem Problem in der Abwicklung des Kaufs kommen, so wird dieses bilateral zwischen Händler und Kunde gelöst. Ebenso wäre eine Durchsetzung von Ansprüchen rein bilateral, notfalls gerichtlich, zu regeln. 

D. Die Regelungen der Plattformen

Die Plattformen steigen in dieses bilaterale Verhältnis ein und werden meist zum bestimmenden Part.  Um den Kunden ein besseres und angenehmeres Einkaufserlebnis zu bieten, errichten sie ein zentrales Regelungsregime, das für alle Händler gleichermaßen gelten soll. Der Kunde kann also darauf vertrauen, dass egal bei welchem Händler er ein Produkt bestellt, die gleichen Rechte und Absicherungen für ihn gelten. Die Plattformbetreiber stellen also die Infrastruktur zur Verfügung und geben aber auch den rechtlichen Rahmen vor. Dadurch erreichen sie einen Status, der dem eines Gesetzgebers ähnelt. Sie könnten also zum Beispiel regeln welche Rechte die Kunden (abweichend von der gesetzlichen Lage) bei einem Mangel haben sollen. Auch ist es denkbar, dass sie die Durchsetzung von Ansprüchen an sich ziehen. So bieten Plattformen oft eine Mediationsstelle(Fn. 7), die Streitigkeiten zwischen den primären Vertragspartnern lösen sollen. Bei Streitfällen behalten sich die Plattformen dabei zum Teil vor, die Zahlungen der Kunden bis zur Klärung einzubehalten(Fn. 8). Dadurch entzieht die Plattform den Händlern die Hoheit ein entsprechendes Verfahren zu gestalten. Zum Beispiel könnte eine Plattform bezüglich der Widerrufsfrist gewissen Kulanzspielräume geben, die dem Händler damit aufgedrängt werden, ohne dass er die Möglichkeit hat sich dagegen zu wehren.  Früher (und z.T. auch noch heute) hatten die Plattformen zudem teils strenge Vorgaben für die Händler wie z.B. Bestpreisklauseln. Hierbei wurden die Anbieter verpflichtet auf der Plattform immer den günstigsten Preis anzubieten. Auch konnten die Händler z.T. ohne eigene Einflussmöglichkeiten von der Plattform ausgeschlossen werden, wenn z.B. die Angebotenen Produkte aus Sicht des Plattformbetreibers nicht angemessen waren. Hier zeigte sich wiederum die Gatekeeper-Eigenschaft der Plattformen. 

E. Konkrete Folgen dieser Regelungen

Die Folgen dieser Regelungen sind noch nicht vollkommen absehbar, klar ist jedoch, dass die Plattformen mit ihren breiten Regelungen die gesetzlichen Regelungen weitgehend verdrängen. Das ist prinzipiell nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr Ausdruck der verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie (Fn. 9). Problematisch könnte hier jedoch sein, dass die Plattformbetreiber quasi als Dritte die Bedingungen diktieren und dass sie dabei häufig eine so große Marktmacht haben, dass für Händler und Kunden kaum andere Möglichkeiten gibt sich zu verbinden(Fn. 10). Die Regeln der Plattformen sind für die Beteiligten also alternativlos und nicht verhandelbar. Damit werden sie eben zu den bereits beschriebenen „privaten Gesetzgebern“.  Dadurch beschränken sie also den Händler und die Kunden in ihrer Privatautonomie sich selbst über ihre Rechtsbeziehung zu einigen. Ähnliche Effekte gibt es auch durch Gesetze, man denke nur an zwingende Formvorschriften oder die obligatorischen Verbraucherrechte. Jedoch muss ein entscheidender Unterschied zwischen den Beschränkungen von staatlicher Seite und von privater Seite gemacht werden. Die Gesetze sind durch ein formelles Gesetzgebungsverfahren erarbeitet worden. Neben der demokratischen Legitimation, die das Gesetz dadurch erlangt, ist so auch sichergestellt, dass möglichst alle Interessengruppen gehört wurden und im besten Falle auch berücksichtigt wurden. Ein vergleichbares Verfahren findet bei Plattformbetreibern im Zweifel nicht statt. Der Plattformbetreiber wird hier wohl regelmäßig seine eigenen Interessen an vorderste Stelle setzen. Die Interessen des Plattformbetreibers dürften in der Vergrößerung von Umsatz und Gewinn liegen. Dies wird er zu erreichen suchen, indem mehr Kunden auf die Plattform gelockt werden sollen und diese auch mehr ausgeben sollen als zuvor. Dafür sind neben Werbung etc. insbesondere starke Rechte der Kunden sehr vorteilhaft. Dass dabei die Händler jedoch ins Hintertreffen geraten, spielt für den Plattformbetreiber nur eine nachrangige Rolle. Denn er hat oft eine solche Marktmacht, dass den Händlern kaum eine Wahl bleibt als auf der Plattform anzubieten, ihre Chancen an einen größeren Kreis von Kunden zu kommen, wäre beim Betreiben allein einer eigenen Webseite deutlich geringer. Dadurch können langfristig auch Nachteile für die Kunden entstehen. Denn nur große Händler werden es sich langfristig leisten können die Vorgaben der Plattformen zu erfüllen. Dies führt zu einer sinkenden Konkurrenz, was wiederrum in sinkender Innovationsaktivität und steigenden Preisen münden dürfte.   Es stellt sich also die Frage, ob der Staat als Gesetzgeber hier eingreifen sollte um für eine gerechtere Gestaltung der Vertragsverhältnisse zwischen Händlern, Kunden und Plattformen zu sorgen.    

F. Handlungsalternativen des Gesetzgebers

In diesem Punkt sollen die verschiedenen denkbaren Handlungsalternativen des Gesetzgebers untersucht werden und ihre Vor- und Nachteile aufgezeigt werden.

I. Keine Maßnahme ergreifen

Die erste Möglichkeit wäre es keine Maßnahmen zu ergreifen und dieses Geschehen unreguliert zuzulassen. Eine Argumentation für diese Handlungsalternative wäre, dass so die Privatautonomie so umfassend wie möglich erhalten bleibt. Wenn sich Kunden und Händler den Regeln der Plattformen unterwerfen wollen, so sollen sie es tun. Der Vorteil dieser Handlungsalternative ist, dass man so dem Markt die Möglichkeit geben kann das Problem selbst zu lösen. Der Nachteil ist jedoch, dass nicht gesagt ist, ob eine Lösung des Problems dann überhaupt eintritt. Zudem greift die Argumentation mit der Stärkung der Privatautonomie zu kurz. Schließlich wird bei dieser Lösung vor allem die Autonomie der Plattformen erhalten, wenn nicht sogar gestärkt. Die Privatautonomie der Händler und Kunden dagegen wird quasi komplett unterdrückt. Man könnte daraus gegebenenfalls vielleicht sogar eine Pflicht des Staates sich hier schützend vor sie zu stellen ableiten(Fn. 11). Nimmt man dies an, müsste der Gesetzgeber sogar aktiv werden, um die Rechte von Kunden und Händlern zu stützen.

II. Umfassende Regulierung

Bei dieser Handlungsalternative soll die Regulierung der Plattformen so weit gehen, dass sie, was das Verhältnis zu Kunden und Händlern angeht, quasi komplett gebunden sind. Allein sehr kleine Anpassungen auf die individuelle Situation und das spezielle Geschäftsmodell wären erlaubt. Diese Alternative hätte den Vorteil, dass der Staat sehr genau umsetzen kann, wie er sich die Plattformökonomie im Internet vorstellt. Er könnte also umfassend regeln, wie das Rechtsverhältnis zwischen Plattformbetreiber und Händler aussehen soll, etwa unter welche Voraussetzungen Händler Zugang zu einem Online-Marktplatz bekommen müssen. Allerdings würde eine solche Regelung einen sehr tiefgreifenden Eingriff in die Privatautonomie und auch die Berufsfreiheit aller Beteiligten bedeuten, der wohl nicht zu rechtfertigen ist. Insbesondere dürfte eine solch umfassende Regelung für Innovation und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle hinderlich sein.

III. Rahmenbedingungen setzen

Diese Variante bedeutet letztendlich einen Mittelweg zwischen den beiden vorher gezeigten Varianten. Denn es würde ein deutlicher rechtlicher Rahmen gesetzt, innerhalb dessen die Plattformen ihr Verhältnis zu den Kunden und den Händlern gestalten können. Hier würde also nichts bis ins kleinste Detail geregelt, gleichzeitig würden den Plattformen aber auch nicht alle Freiheiten gelassen werden. Dieser Rahmen könnte beispielsweise ähnlich der Plattformregulierung im Medienbereich ausgestaltet sein. Hier wird Medienplattformen, also Intermediären, die selbst keine Inhalte produzieren, sondern Inhalte Dritter an die Endverbraucher weitergeben, vorgeschrieben welche Inhalte sie zur Verfügung stellen müssen(Fn. 12). Dabei zeigt sich eine Dreigliederung der Pflichten: Manche Sender (vor allem das Erste, Zweite und Dritte Fernsehen) muss von allen Plattformen angeboten werden. Andere Sender können angeboten werden, jedoch ist zumindest eine bestimmte Zahl dieser Sender zu bieten, hier besteht also eine Wahlpflicht. Die dritte Kategorie von Sendern muss gar nicht angeboten werden, kann aber gezeigt werden(Fn. 13). Analog dazu könnte ein Gesetzgeber den Plattformen verschiedene Vorgaben machen, die sie in jedem Fall einzuhalten haben, während andere Vorschriften nur optional sind und die Plattformen abweichen können. Dadurch könnte eine gute Interessenabwägung zwischen den Interessen der drei beteiligten Gruppen möglich sein.

IV. Bereits erfolgte und vorgesehene Maßnahmen

In den letzten Jahren hat sich insbesondere der europäische Gesetzgeber der Regulierung von Online-Marktplätzen durch die sog. P2B-Verordnung und den Digital Markets Act (DMA). Dabei hat er die dritte Variante gewählt, sich also darauf beschränkt, Rahmenbedingungen für die Online-Marktplätze zu setzen. Die P2B-Verordnung regelt seit Mitte Juli 2020 das Verhältnis von Plattformen zu gewerblichen Nutzern. Dabei gilt sie auch für Online-Marktplätze als Untergruppe der Plattformen. Der Verordnung geht es insbesondere darum für mehr Transparenz zu sorgen. So sollen die Händler zum Beispiel von den Plattformen anders als bisher mindestens 15 Tage vor Inkrafttreten einer AGB-Änderung über diese informiert werden(Fn. 14). Auch sollen die Händler darüber informiert werden, wie Bewertungen und Rankings auf der Plattform zustande kommen. Außerdem sollen die Plattformen eine interne Beschwerdestelle einrichten, bei der die Händler ihre Streitigkeiten und Probleme mit der Plattform vorbringen und im besten Falle beilegen können(Fn. 15). Da die Verordnung jedoch nur vornehmlich Transparenzvorgaben macht, nicht jedoch in das Ungleichgewicht zwischen Plattformen und (gewerblichen) Nutzern eingreift, wurde sie zum Teil als „zahnloser Tiger“ bezeichnet.(Fn. 16) Inzwischen wurde jedoch mit dem Digital Markets Act (DMA) eine wesentlich umfangreichere Regulierung von Plattformen erlassen. Ziel des DMA ist, unfaire Geschäftspraktiken der Plattformbetreiber zu unterbinden, welche diese bislang aufgrund des Machtungleichgewichts durchsetzen konnten (Erw. 2 ff. DMA). Die Pflichten des DMA finden dabei Anwendung nur Anwendung auf sog. „zentrale Plattformdienste“, unter welche auch Online-Marktplätze fallen (Art. 2 Nr. 2 lit. a DMA). Jedoch unterliegen diese den Pflichten des DMA nur dann, wenn sie zugleich als Gatekeeper iSd Art. 3 I DMA gelten. Dafür müssen sie (1) eine gefestigte oder dauerhafte Position innehaben oder absehbar erreichen, (2) als wichtiges Zugangstor für gewerbliche Nutzer zu Endnutzern darstellen und (3) erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt haben. Im Bereich der Online-Marktplätze werden hiervon insbesondere Amazon, aber auch eventuell Airbnb und Booking.com betroffen sein. (Fn. 17) Für diese sieht der DMA eine Vielzahl von Pflichten bzw. das Verbot bestimmter Praktiken vor (Art. 5, 6 DMA). Unter anderem sind die angesprochenen Bestpreisklauseln durch Art. 5 III DMA nun ausdrücklich untersagt und die gewerblichen Nutzer dürfen auch andere Zahlungskanäle als die des Plattformbetreibers benutzen (Art. 5 VIII DMA). Inwieweit der Macht der großen Online-Marktplätze dadurch wirklich rechtliche Grenzen gesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Jedoch haben einige große Anbieter von Online-Marktplätzen schon die Änderung ihrer Geschäftspraktiken aufgrund des DMAs bekanntgegeben, u.a. Apple in Bezug auf seinen App-Store (Fn. 18).

G. Schluss

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durchaus einiges von gesetzgeberischer Seite unternommen wurde, um große Plattformen in ihrer Eigenschaft als „private Gesetzgeber“ zu regulieren. Inwieweit dies in Anbetracht der großen Marktmacht dieser Anbieter Erfolg haben wird, bleibt jedoch abzuwarten.

H. Weiterführende Literatur

  • Büttel, P2B-Verordnung: Neue Spielregeln für Online-Marktplätze, jurisPR-ITR 11/2020 Anm. 2
  • Fries, PayPal und Legaltech – Was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht, NJW 2016, 2860
  • Körber, Konzeptionelle Erfassung digitaler Plattformen und adäquate Regulierungsstrategien, ZUM 2017, 93
  • Schweitzer, Digitale Plattformen als private Gesetzgeber: Ein Perspektivwechsel für die europäische „Plattform-Regulierung“, ZEuP 2019, 1
  • Podszun/Bongartz/Kirk, Digital Markets Act – Neue Regeln für Fairness in der Plattformökonomie, NJW 2022, 3249
  1. Siehe § 357 Abs. 4, 6 S. 1 BGB
  2. https://pay.amazon.de/help/201212410 wird erklärt, dass Amazon ggf. dem Käufer auf Kosten des Händlers den Kaufpreis erstattet (auch ohne Erhalt der Ware), sollte dieser nicht innerhalb von 7 Tagen den Rücksendeantrag des Käufers bearbeiten.
  3. Über 50% des Gesamtumsatzes im E-Commerce werden über Online-Marktplätze abgewickelt.  https://einzelhandel.de/presse/aktuellemeldungen/14499-hde-online-monitor-2024.
  4. „Versand durch Amazon“ https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=201910460 zuletzt.
  5. https://www.ebay.de/help/selling/getting-paid/funktioniert-die-zahlungsabwicklung-bei-ebay?id=4795.
  6. https://www.otto.market/ zuletzt abgerufen am 22.06.20.
  7. So zB ebay: Der Ebay Käuferschutz gewährt den Händlern 3 Tage Zeit um eine Retour, Mangel etc. zu regeln, sollte innerhalb dieser Zeit keine Lösung gefunden werden, entscheidet ebay innerhalb von 48h wie mit dem Problem umzugehen ist.  https://www.ebay.de/help/policies/ebay-money-back-guarantee-policy/ebay-money-back-guarantee-policy?id=4210.
  8. https://www.ebay.de/help/selling/getting-paid/getting-paid-items-youve-sold/payments-hold-managed-payments-seller?id=4816
  9. Schweitzer spricht in seinem Beitrag zu diesem Thema zusätzlich auch von einem („virtuellen“) Hausrecht nach §§862, 1004 BGB, ZEuP 2019, 1, 5. 
  10. Laut einer Studie von 2018 bieten 62% der Händler ihre Ware bei Amazon an und 55% bei ebay. Die anderen Marktplätze liegen im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/937141/umfrage/nutzung-von-online-marktplaetzen-durch-haendler-in-deutschland/.
  11. Maunz/Dürig/Di Fabio GG Art. 2 Abs. 1 Rn. 107.
  12. Christmann, ZUM2015, 14.
  13. Christmann, ZUM2015, 14, 16 f.
  14. Büttel, jurisPR-ITR 11/2020 Anm. 2.
  15. Büttel, jurisPR-ITR 11/2020 Anm. 2.
  16. Busch, GRUR 2019, 788; a.A. Büttel, jurisPR-ITR 11/2020 Anm. 2.
  17. Podszun/Bongartz/Kirk, NJW 2022, 3249 (3250).
  18. https://www.apple.com/newsroom/2024/01/apple-announces-changes-to-ios-safari-and-the-app-store-in-the-european-union/.

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