Grundlagen

Blockchain: 2. Rechtliche Fragestellungen zu Kryptowährungen

Jede technische Neuerung wirft neue rechtliche Fragen auf. So sind auch Bitcoin und die Blockchain-Technologie inzwischen Gegenstand juristischer Debatten. Zu einigen Grundlagenproblemen und möglichen Lösungsansätzen soll im Folgenden ein grober Überblick gegeben werden.

Die Blockchain: Recht vs. Technik?

Die rechtliche Auseinandersetzung mit Blockchain-Technologie steckt in Deutschland erst in den Kinderschuhen. Für die Existenz einer in einer Blockchain abgelegten Information ist dies aber ohne Belang. Eine Information existiert schlicht, weil es sie gibt, unabhängig davon, ob ein Gesetz dies vorsieht oder nicht. So existiert ein Bitcoin bereits mit seiner Registrierung in der Blockchain, also konstitutiv kraft seiner technischen Manifestation. Auch die Übertragung eines Bitcoins erfolgt durch die Dokumentation dieser Transaktion in der Blockchain. Relevant ist das Tatsächliche, nicht das Rechtliche. Der neue Inhaber des Bitcoins kann infolge einer erfolgreichen Transaktion über seine neuen Bitcoins verfügen, unabhängig davon, ob er dazu rechtlich berechtigt ist oder nicht. Trotzdem stellt sich die Frage, inwiefern und inwieweit diese tatsächliche Verfügungsgewalt zivil- und strafrechtlich abgesichert und öffentlich-rechtlich reguliert ist.

Zivilrechtliche Stellung

Rechtsnatur von Kryptowährungen

Im Bereich der Kryptowährungen gibt es einige Ansätze zur Anwendung bestehender gesetzlicher Regelungen. Grundlage dessen ist die Frage nach der Rechtsnatur von Kryptowährungen. Maßgebliches Bezugsobjekt dürfte dabei der jeweilige private Schlüssel des Bitcoin-Inhabers sein, da allein dieser es ermöglicht, Bitcoin und damit gewissermaßen Vermögenswerte auf andere Personen zu übertragen. Die Blockchain selbst als Verzeichnis über die öffentlichen Schlüssel hat keinen vermögensrechtlichen oder wirtschaftlichen Wert. Was ist nun also die Rechtsnatur eines solchen privaten Schlüssels und damit von Bitcoin an sich?

Zivilrechtlich sind Bitcoins nach überwiegender Auffassung keine Sachen im Sinne des § 90 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darunter fallen nämlich nur körperliche, also physische, Gegenstände. Bitcoin-Schlüssel sind jedoch elektronische Daten, die unabhängig des Orts ihrer Speicherung aus elektrischen Spannungen bestehen und damit unkörperlicher Natur sind.

Aus diesem Grund ist Bitcoin kein Bargeld, da Bargeld nur aus (verkörperten) Banknoten und Münzen bestehen kann. Auch Buchgeld und elektronisches Geld scheiden aus, da diese eine Forderung gegen den Emittenten voraussetzen, mithin einen Auszahlungsanspruch gegen ein Kreditinstitut. Im Fall von Bitcoin als dezentrales Geldsystem besteht aber gerade kein zentraler Emittent und somit kein (relatives) Recht gegen einen möglichen Schuldner.

Ferner kann an Bitcoins weder Besitz noch Eigentum begründet werden, da beides nur an Sachen im Rechtssinne existieren kann. Auch kann Bitcoin nach hier vertretener Ansicht nicht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB qualifiziert werden. Nach dieser Vorschrift können als sonstige Rechte nur sogenannte absolute Rechte geschützt werden. Absolute Rechte sind solche, denen das Gesetz – wie dem Eigentum – positive Zuweisungsfunktion und negative Abwehrfunktion zuspricht. Dies trifft auf Bitcoin jedoch nicht zu, da Kryptowährungseinheiten nicht per Gesetz einer Person zugewiesen werden, sondern allein aufgrund ihrer Dokumentation in der Blockchain. Wie oben gesehen weist nicht eine rechtliche Stellung, sondern das rein technische Können einer Person einen Kryptowährungsbetrag zu. Auch geistiges Eigentum an Bitcoin scheidet aus, da es sich bei einem rein technisch-automatisch entstandenen Bitcoin mangels persönlicher geistiger Schöpfung nicht um ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz handelt.

Bitcoin und andere Kryptowährungen sind abschließend also weder Sachen noch Rechte und können damit als bloße Immaterialgüter bezeichnet werden, die keine weiteren Rechte begründen.

Bitcoin-Mining

Bei der Verifizierung neuer Bitcoin-Transaktionen und der Aufnahme in die Blockchain müssen die Teilnehmer des Netzwerkes kryptografische Rätsel lösen (s.o.). Um den für die Lösung erforderlichen Aufwand an Rechenleistung zu belohnen, erhält derjenige, der das Rätsel löst, eine vordefinierte Anzahl von Bitcoin. In Anlehnung an das Goldschürfen wird dieser Vorgang „Bitcoin-Mining“ genannt. Dieser Vorgang gleicht im Wesentlichen der Auslobung gem. § 657 BGB. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. Der hier herbeizuführende Erfolg ist das Anfügen des Transaktionsblocks an die Blockchain durch Lösung des kryptografischen Rätsels. Im Unterschied zur Auslobung erhält der Miner die Belohnung (neugeschaffene Bitcoin) allerdings nicht vom Zahlenden, sondern vom Algorithmus selbst. Insofern ist denkbar, die §§ 657 ff. BGB analog anzuwenden.

Bitcoin-Transaktionen

Verträge über Bitcoins sind aufgrund der Vertragsfreiheit prinzipiell wirksam. Dabei lässt sich eine Bitcoin-Transaktion dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip im deutschen Recht entsprechend in ein Verpflichtungs- und ein Verfügungsgeschäft aufteilen. Auf schuldrechtlicher Seite scheidet beim Austausch von Bitcoins gegen Bitcoins oder Geld ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB aus, weil es sich bei Bitcoins mangels Verkörperung nicht um Sachen im Sinne von § 90 BGB handelt. Bei der Zahlung von Waren mit Bitcoins scheidet ein Kaufvertrag ebenfalls aus, weil es sich bei Bitcoin nicht um Geld im Rechtssinne handelt. Da es auch keinen zentralen Emittenten gibt und es sich somit auch nicht um ein relatives Recht handelt, liegt nach hier vertretener Ansicht auch kein Rechtskauf gemäß § 453 BGB vor. Beim Austausch von Bitcoins gegen andere Sachen kommt allenfalls ein Tausch gemäß § 480 BGB in Betracht bei einem weiten Verständnis des Tauschobjekts auch als vermögenswerte Position, die in einer von der Rechtsordnung gebilligten Weise übertragen werden kann. Beim Austausch von Bitcoins gegen Geld ist diese Einordnung jedoch nicht möglich, da Tauschverträge im Unterschied zu Kaufverträgen gerade nicht die Pflicht einer Partei zur Preiszahlung in Geld beinhalten. Vielmehr kommt hier ein atypischer Werkvertrag in Betracht, weil bei solchen Vereinbarungen nicht die bloße Bemühung um einen Transfer der Bitcoins, sondern der Erfolg der Bitcoin-Transaktion geschuldet sein muss.

Öffentlichrechtliche Regulierung

Neben der Erfassung von Kryptowährungen durch bestehendes Zivilrecht konnte der europäische und deutsche Gesetzgeber seit 2019 einige spezifisch auf Kryptowährungen abzielende öffentlichrechtliche Regulierungsinstrumente verabschieden. Ursprung der aufsichtsrechtlichen Regulierung von Kryptowährungen war die Einordnung von Kryptowährungen als sogenannte Rechnungseinheiten im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Jahre 2019. Hierdurch wurde der gewerbliche Handel mit Kryptowährungen zur erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistung nach dem KWG und somit schon frühzeitig in das nationale Regime deutscher Finanzaufsicht eingegliedert.

Diese Integration in deutsches Aufsichtsrecht wurde mit der Schaffung von gesonderten Tatbeständen im KWG sowie dem neu geschaffenen Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) gestzgeberisch vertieft. Neben dem erlaubnispflichtigen gewerblichen Handel von Kryptowährungen (z.B. durch kommerzielle Handelsplattformen wie etwa Coinbase) wurde auch das bloße Verwahren von Kryptowerten für Dritte zu einer im KWG explizit regulierten Finanzdienstleistung mit Erlaubnispflicht. Fernab von Kryptowährungen wurde mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) das deutsche Wertpapierrecht für elektronische Wertpapiere sowie Kryptowertpapiere geöffnet.

Die sich in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union teils stark unterscheidende Regulierung von Kryptowerten soll durch die bereits verabschiedete Markets-in-Crypto-Assets (MiCA) Verordnung auf europäischer Ebene künftig harmonisiert werden.

Strafrechtliche Einordnung

Über die Jahre sorgten einige Skandale im Zusammenhang mit Bitcoin für Schlagzeilen. So sorgte zum Beispiel die Bitcoin-Handelsplattform Mt.Gox im Jahr 2014 für Aufsehen über die Grenzen der Krypto-Szene hinaus. Neben dem Handel mit Kryptowährungen diente Mt.Gox wie andere Handelsplattformen auch als Bitcoin-Konto. Sie fungieren damit gewissermaßen als Bank und speichern die Bitcoin-Adressen ihrer Nutzer, um ihnen den Handel mit Bitcoin zu ermöglichen, ohne technisches Hintergrundwissen zu benötigen. Von den gespeicherten Bitcoins sind im Jahr 2014 über 650.000 Bitcoins – damals im Wert von über 500 Millionen Euro – spurlos verschwunden. Die Mt.Gox Co. Ldt. ging in die Insolvenz und deren früherer Geschäftsführer wurde festgenommen. Doch wie ist dieser Vorfall rechtlich zu bewerten?

Da es sich bei Bitcoin um Daten und nicht um Sachen handelt, scheidet ein Diebstahl gemäß § 242 Strafgesetzbuch (StGB) aus. Lediglich bei der Verkörperung der Daten auf einem Datenträger kommt Diebstahl am Datenträger selbst in Betracht. Wenn ein Angreifer jedoch beispielsweise fremde Bitcoinschlüssel abfängt und vom Datenträger des echten Inhabers löscht oder anderweitig unbrauchbar macht, kommt eine Datenveränderung gemäß § 303a StGB in Betracht. Nach dieser Vorschrift macht sich derjenige strafbar, der rechtswidrig Daten (im Sinne des § 202a Abs. 2 StGB) löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Gelöscht werden elektronische Daten gem. § 303a StGB, wenn sie vollständig und unwiederbringlich unkenntlich gemacht werden, also sich nicht mehr rekonstruieren lassen. Ein Unbrauchbarmachen im Sinne von § 303a StGB liegt zudem vor, wenn Daten in ihrer Gebrauchsfähigkeit so beeinträchtigt werden, dass sie nicht mehr ordnungsgemäß verwendet werden können und damit ihren bestimmungsgemäßen Zweck nicht mehr zu erfüllen vermögen. Beide Szenarien sind denkbar. Daneben sind Bitcoins als Zahlungsmittel bei Erpressungen (§ 253 StGB), insbesondere bei den sog. Ransom-Ware Attacken, oder beim Kauf illegaler Güter über anonyme Netzwerke weit verbreitet.

Zudem können Bitcoins auch zu Geldwäschezwecken (§ 261 StGB) eingesetzt werden, indem z.B. der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat gegen Bitcoins eingetauscht und dessen Herkunft ggf. erneut verschleiert wird. Insgesamt wird die Strafverfolgung im Bereich der Krypto-Kriminalität durch die wesentlich kompliziertere Nachvollziehbarkeit von Angriffen und Transaktionen erschwert. Das Vorgehen gegen Geldwäsche ist daher Gegenstand einiger gesetzgeberischer Initiativen. Neben der finanzaufsichtsrechtlichen Regulierung von Kryptowährungen verpflichtet etwa die Kryptowertetransferverodnung (KryptoWTransferV) Handels- & Tauschplattformen dazu, standardisierte Vorschriften & Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung anzuwenden.

Literatur

  1. Patz, Überblick über die Regulierung von Kryptowerten und Kryptowertedienstleistern, BKR 2021, 725.
  2. Möllenkamp, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 13.6 Blockchain, Kryptowährungen und Token, 60. EL Oktober 2023.

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